In Zeiten der Multikrise ist die EU mehr denn je gefordert, ihr Wohlstands- und Stabilitätsversprechen gegenüber nachrückenden Generationen einzulösen, dies zeigt die neue Studie „Europabild junger Österreicher*innen in der Krise“ deutlich.
Das Institut für Jugendkulturforschung hat im Rahmen der Studie bundesweit 500 repräsentativ ausgewählte Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 16 bis 29 Jahren sowie als Vergleichsgruppe 600 Erwachsene im klassischen Erwerbsalter zu ihrem Europabild und ihren Erwartungen an Europapolitik befragt und die europapolitischen Anliegen und Wünsche junger Österreicher*innen darüber hinaus in Deep-Insight-Fokusgruppen qualitativ vertieft. Die Ergebnisse lassen aufhorchen.
Die EU punktet bei jungen Menschen als „Europa ohne Grenzen“, persönliche Vorteile stehen klar im Vordergrund
Junge Menschen stehen dem geeinten Europa positiv gegenüber. Währungsunion, Reisefreiheit und Freizügigkeit werden als Errungenschaften der EU gesehen und sind im Europabild der jungen Österreicher*innen fix verankert: 53% verbinden allem voran eine gemeinsame Währung mit der EU, 52% nennen Reisefreiheit als Assoziation zur EU und immerhin 43% denken an die Möglichkeit, in einem anderen EU-Land zu wohnen und zu arbeiten.
Im Bildungsgruppenvergleich zeigt sich, dass persönliche Vorteile, die junge Menschen aus einem „Europa ohne Grenzen“ ziehen, in den bildungsnahen Milieus deutlich stärker präsent sind als in der Gruppe der jungen Österreicher*innen mit niedriger oder mittlerer formaler Bildung.
Reizthema „Verlust der österreichischen Kultur“: Junge Österreicher*innen geben sich entspannt
Nur 16% der Jugendlichen verbinden die EU mit einem Verlust der österreichischen Kultur. In der Altersgruppe der 30- bis 65-jährigen Erwachsenen ist der Anteil mit 34% deutlich höher – ein Hinweis darauf, dass Jugendliche und junge Erwachsene, die in eine von kultureller Globalisierung geprägte Epoche hineingeboren und mit der EU aufgewachsen sind, mit Fragen der kulturellen Identität in einem geeinten Europa unbelasteter umgehen als ältere Kohorten.
„Junge Menschen zu fragen: ‚Fühlst du dich eher als Europäer*in oder eher als Österreicher*in?‘ ist in Zeiten der wirtschaftlichen wie auch kulturellen Globalisierung realitätsfern. Vor allem in den bildungsnahen Schichten verankern Jugendliche die europäische Idee in ihren Selbstkonzepten heute nach dem Prinzip des Sowohl-als-auch“, so Studienautorin Dr. Beate Großegger. „Sie fühlen sich als Österreicher*in und zugleich auch als Europäer*in und nehmen möglicherweise zudem für sich in Anspruch, Weltbürger*in zu sein. Aus Sicht der Jugend ist das kein Widerspruch.“
Die EU als Krisenmanagerin und Friedensbündnis
Frieden, Austausch und Gemeinschaft werden von jungen Menschen als Kernelemente der europäischen Idee verstanden. Die politische Umsetzung überzeugt sie hingegen vielfach nicht. Vor allem die Rolle der EU im Ukraine-Krieg wird kritisch beobachtet. Rund jeder und jede Dritte sieht die EU in der aktuellen Situation als Bündnis zur Sicherung des Friedens in Europa; besonders betont wird die Rolle als Friedensbündnis bemerkenswerterweise übrigens von jungen Menschen mit Migrationshintergrund.
Nur 11% der jungen Österreicher*innen attestieren der EU schnelle Entscheidungen in Krisensituationen
Optimierungsbedarf sehen junge Österreicher*innen im Bereich des europäischen Krisenmanagements wie auch in der Krisenkommunikation. Nur rund jeder und jede Zehnte (11%) attestiert der EU schnelle Entscheidungen in Krisensituationen. Lediglich 15% sind der Ansicht, dass auf EU-Ebene Entscheidungen getroffen werden, die auch für uns in Österreich von großem Nutzen sind.
Neben Klimaschutz sehen junge Menschen Armutsbekämpfung in Europa als große politische Herausforderung unserer Zeit
Die großen Fragen unserer Zeit prägen das Verhältnis junger Menschen zu Gesellschaft und Politik und sie haben zugleich auch Einfluss auf ihre Erwartungen an die Europapolitik. Zwei Themen sind jungen Österreicher*innen im aktuellen Multikrisenszenario besonders wichtig: Armutsbekämpfung (50% Nennungen) sowie gemeinsame Maßnahmen gegen den Klimawandel (47%), wobei die jungen Bildungsschichten stärker als die unteren Bildungsmilieus auf gesamteuropäische Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel setzen und im übrigen auch deutlich stärker eine gemeinsame Energiepolitik von der EU einfordern.
Weitere Studienergebnisse im Studienpaket „Europabild junger Österreicher*innen in der Krise“ verfügbar
Alle Detaildaten sowie viele weitere interessante Ergebnisse zu den Themen „Was junge Österreicher*innen an der EU stört und was sie gerne ändern würden“, „Worauf die EU im aktuellen Krisenkontext einen besonderen Fokus legen sollte“ und „Wie sich die Erwartungen Jugendlicher und junger Erwachsener in Bezug auf Europapolitik von denen der Erwachsenen unterscheiden“ finden Sie in der neuen Studie des Institut für Jugendkulturforschung „Europabild junger Österreicher*innen in der Krise“.
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